Berufsbild und Berufsgeschichte




(1)
Schule für Gesundheitsberufe, Bereich MTRA, Klinikum Dortmund gGmbH, Dortmund, Deutschland

 



Marco hat gerade seine erste Woche der MTRA-Ausbildung hinter sich. Vor einem Jahr hat er seinen Realschulabschluss gemacht und danach ein freiwilliges soziales Jahr. Bei der Gelegenheit hat er auch mal kurz in die verschiedenen Bereiche des Krankenhauses geschnuppert. Jetzt versucht er, alle neuen Eindrücke zu verarbeiten und ist froh, dass er diese Ausbildung machen kann. Marco hat sich selbst schon immer in einem sozialen Beruf gesehen, aber nicht in der Pflege. Und bei den Physiotherapeuten muss man so viel lernen, hat ihm ein Freund erzählt. Außerdem verbringt er seine Freizeit am liebsten am Computer, da passt die Radiologie seiner Meinung nach am besten.

Seine Freundin findet die Berufswahl nicht so gut, da Marco nun drei Jahre kein Geld bekommt. Wenigstens muss er an seiner Schule nicht noch Schulgeld zahlen, wie an einigen anderen MTRA-Schulen. Außerdem ist sie der Meinung, dass man im Gesundheitswesen zu viel Verantwortung tragen muss und eigentlich immer „mit einem Bein im Knast“ steht. Wenn man einen Fehler macht, kann der Patient klagen. Diesen Einwand hatte Marco mit einem „Du guckst zu viele Serien“ abgetan.

Abends ruft Marcos Oma an und will wissen, wie die erste Woche so gelaufen ist. „Ich weiß nicht genau“, berichtet Marco, „viel Organisation und Geschichte und so. Das fand ich ziemlich langweilig, Geschichte war noch nie so mein Ding. Warum immer auf den alten Sachen rumhacken? Und dann dieses Gerede vom Frauenberuf und „höheren Töchtern“, dabei geht es doch um Technik. Außerdem gibt es da auch viele Jungs, was soll das also? Ich bin gespannt, wann wir endlich richtig loslegen, in der Praxis arbeiten und lernen, die Bilder zu machen.“

„Ich kann mich noch an eine Freundin erinnern, die das vor vielen Jahren auch gelernt hat“, erwidert Oma. „Aber im Labor. Das sind doch auch MTA, oder? Jedenfalls war die dann immer mit den schicken jungen Ärzten unterwegs und ganz stolz darauf. Ich glaube, die hat später auch einen geheiratet.“

„Ne Oma, MTA ist nicht gleich MTA! Ich bekomme ein R und die anderen ein L“, unterbricht Marco sie. „Die Ausbildung gibt es auch an unserer Schule. Keine Ahnung, warum die alle MTA heißen, wir haben doch nix miteinander zu tun!“

„Dafür erzählen die euch ja auch was zur Geschichte“, nimmt Oma den Faden wieder auf. „Ich fand Geschichte früher auch doof. Irgendwann habe ich dann meine Meinung geändert. Wie heißt es so schön? Nur wenn man weiß, woher man kommt, weiß man auch, wohin man will!“


1.1 Entwicklung des Berufsbildes MTRA


Die Entstehung des Berufsbildes der MTRA wird meist mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen am 08. November 1895 in Verbindung gebracht. Aber die ersten Wurzeln sind bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu finden. In dieser Zeit begannen Frauen aus „besserem Hause“ nach Erwerbsmöglichkeiten zu suchen. Es gab kaum Ausbildungsperspektiven und während Frauen aus den unteren Schichten in Fabriken oder als Mägde arbeiteten, blieb den bürgerlichen Frauen die Auswahl zwischen Gouvernante, Hauswirtschafterin oder Lehrerin. Bei letzterer kamen auf eine freie Stelle ca. 100 Bewerberinnen.

1865 begann Wilhelm Adolph Lette sich für diese Gruppe einzusetzen, in dem er die Denkschrift „Die Eröffnung und die Verbesserung der bisherigen Erwerbsquellen des weiblichen Geschlechts“ veröffentlichte und vom Einsatz der Frauen in industriellen, gewerblichen und medizinischen Hilfsberufen sprach. Als logische Folge seiner Forderungen gründete Lette 1866 in Berlin den „Verein zur Förderung der Erwerbstätigkeit für das weibliche Geschlecht“ und eröffnete das „Lette-Haus“, in dem auch heute noch u. a. MTRA ausgebildet werden.

Die Anbindung an die medizinischen Berufsgruppen erhielt der „Lette-Verein“ 1870/71, indem die Berufsausbildung für Krankenpflege aufgenommen wurde. 1890 wurde an gleicher Stelle die „photographische Lehranstalt“ für 32 Schülerinnen eröffnet. Damit waren die Fundamente für die weitere Entwicklung gelegt.

Nach der Entdeckung der Röntgenstrahlen und den ersten Veröffentlichungen im Jahr 1896 reagierte nicht nur die Ärzteschaft euphorisch. Die Berufsgruppe der Photographen fühlte sich ebenfalls unmittelbar angesprochen. Schon weniger als einen Monat nach der Veröffentlichung durch Wilhelm Conrad Röntgen veranstaltet die „Deutsche Gesellschaft von Freunden der Photographie“ am 29. Januar 1896 einen Vortragsabend. Zur Veranschaulichung der neuen Möglichkeiten wurde der Abend durch praktische Vorführungen ergänzt. Diese übernahm der Leiter der photographischen Lehranstalt des Lette-Vereins, Dankmar Schultz Hencke, der zu diesem Zweck seine Assistentin Marie Kundt mitbrachte.

Marie Kundt gilt als die „Urmutter“ des MTA-Berufes. Sie war nicht nur die Nichte des Lehrers von W. C. Röntgen, August Kundt, sondern eben auch noch die Assistentin des Leiters der photographischen Lehranstalt. Was lag da näher als die „Erfindung“ eines neuen Berufes?

Marie Kundt gilt als maßgeblich mitverantwortlich für die Erstellung eines entsprechenden Lehrplanes. Ihr Verdienst ist die Schnelligkeit, mit der sie damit einen Beruf schuf, der gezielt als Tätigkeitsfeld für Frauen erschlossen wurde und gleichzeitig eine Konkurrenz zur Männerdomäne der „Fachphotographen“ bildete. Diese veröffentlichten auch gleich einen Aufruf der „die Einführung der Frau in die photographische Praxis ausser zu den untergeordneten Beschäftigungen“ verhindern sollte.

Marie Kundt war nicht nur schnell, sondern auch erfinderisch. Neben dem Ausbildungskonzept erreichte sie sogar, dass der Lette-Verein noch im Februar 1896 seine eigene Röntgenanlage bekam, und die „Photographie mit X-Strahlen“ in den Unterricht aufgenommen wurde. Dafür ließ sie in einer öffentlichen Veranstaltung ihre Hand röntgen und nutzte das Eintrittsgeld für die Anschaffung der notwendigen Gerätschaften.

Bereits 1897 erhielt die erste ausgebildete Röntgenphotographin Paula Chelius eine Festanstellung an der Eppendorfer Krankenanstalt in Hamburg. Und das Beste daran – sie hatte auch noch eine Pensionsberechtigung. Das war in der damaligen Zeit mehr wert als heute eine unbefristete Anstellung im öffentlichen Dienst!

Der Versuch, die photographischen Verfahren in einem Krankenhaus von Assistentinnen durchführen zu lassen, war über alle Maßen erfolgreich. Und so wurde ein damals noch reiner Frauenberuf geboren, den es in dieser Form in anderen Ländern nicht gab. Zu dieser Zeit war es üblich, dass für nahezu alle Lehrberufe ein Lehrgeld durch den Lehrling bzw. seine Eltern bezahlt wurde. Auch für die Ausbildung am Lette-Verein wurde „Schulgeld“ erhoben.

Die Nachfrage nach der Ausbildung war bei den „höheren Töchtern“ so groß, dass man befürchtete, bald zu viele davon auf dem Arbeitsmarkt zu haben. So viele Röntgenanlagen gab es schließlich noch nicht.

Wie es der Zufall wollte, bekam Marie Kundt zu dieser Zeit die Information, dass an den Universitätskliniken mehr qualifizierte Hilfskräfte gesucht wurden, die den Assistenzärzten die unbeliebten Hilfsarbeiten abnahmen. So wurde der Lehrplan um die Fächer Analytische Chemie, Histologie, Mikroskopie und Mikrophotographie erweitert und der ausdrückliche Frauenberuf der „photographisch-technischen Hilfsarbeiterin an wissenschaftlichen Instituten“ geboren. Die Tätigkeiten erweiterten sich also auf den Laborbereich.

Auch wenn die Photographen diesen Erfolgsweg nicht stoppen konnten, eine kleine Genugtuung blieb ihnen: während Photographen sich nach der Gesellenprüfung selbstständig machen durften, blieb dies den Frauen untersagt, da sie ja „nur“ einen Hilfsberuf hatten.

Ihre Aufgaben bestanden in der Pflege der Röhren und Geräte, Vorbereitung und Lagerung der Patienten, Bedienung der Geräte bei Aufnahmen und Bestrahlungen (selbstverständlich nur nach Anweisungen des Arztes), Entwickeln, Trocknen und Putzen der Röntgenplatten, Schreiben der Befunde, Archivierung der Aufnahmen und der Korrespondenz des Arztes.


Anekdote für den Rand

Herr Prof. Zimmer-Brossy schrieb in der Mitte des letzten Jahrhunderts:

„Im Teamwork eines Röntgeninstitutes ist der Arzt die Hauptperson, die Röntgenassistentinnen haben dafür zu sorgen, dass er diese Stelle voll und ganz einnehmen kann. Sie müssen ihn in seiner Tätigkeit röntgentechnisch, organisatorisch und administrativ unterstützen. Die Assistentin hat sich seinen Anordnungen zu unterziehen. Sie handelt selbstständig nur auf ihrem ureigensten Gebiet, und durch Gewissenhaftigkeit schafft sie ein Vertrauensverhältnis zu ihrem Vorgesetzten … Sie sorgt dafür, dass die Anamnese richtig aufgenommen wird, und vermerkt Besonderheiten, die ihr bei dem Patienten aufgefallen sind. … Sie unterstützt den Chef, wo sie nur kann, und räumt alles aus dem Wege, was ihn diagnostisch zu einer Fehleinschätzung führen könnte.“

Seine Frau Marianne hat das stark verinnerlicht und in dem berühmten Standardwerk „Lehrbuch der röntgendiagnostischen Einstelltechnik“ die ideale MTRA im Jahr 1960 beschrieben.

Neben dem Lette-Verein wurden auch in anderen Städten Schulen gegründet. 24 Lehranstalten wurden allein in Berlin zwischen 1906 und 1930, meist an privaten Röntgenlaboratorien, eröffnet. Leipzig folgte 1909 und Jena 1912. Heute gibt es in Deutschland ca. 100 Schulen für MTRA, eine davon in Berlin am Lette-Verein.

Anfangs durfte jede Lehranstalt eine eigene Berufsbezeichnung ausbilden: von photographischer Schwester bis Röntgenschwester war alles dabei (die Bezeichnung „Röntgengehilfin“ als Synonym für eine MTRA war bei deutschen Arbeitsämtern noch 2009 zu finden!). Erst 1921 wurde in Preußen mittels Erlass die Ausbildungsdauer auf zwei Jahre und die Berufsbezeichnung als „Technische Assistentin an medizinischen Instituten“ festgelegt.

1929 erfolgte erstmals eine Trennung der Fachrichtungen Laboratoriumsmedizin und Radiologie, die 1940 wieder aufgehoben wurde. Die politischen Zustände in Deutschland erforderten in dieser Zeit nicht nur Soldaten, sondern auch medizinische Gehilfinnen, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen konnten.

Erst 1940 wurden vorbehaltene Tätigkeiten und die Berufsbezeichnung MTA gesetzlich verankert. Der Grund dafür lag in den vielen unterschiedlichen Ausbildungen in Deutschland, die je nach Größe der Lehranstalt unterschiedlich teure und unterschiedlich gute MTA für den Arbeitsmarkt lieferten. Darüber hinaus wurde die selbstständige Berufsausübung im Bereich Laboratoriumsmedizin erlaubt.

Mitte der 1950er Jahre, mit dem Einsatz von Belichtungsautomaten, war die Ärzteschaft der Meinung, dass man gar keine MTA mehr bräuchte. Das bisschen „Knöpfchendrücken“ könnte doch auch eine angelernte Röntgengehilfin machen.

1958 wurde in der Bundesrepublik ein neues Berufsgesetz erlassen, das die gemeinsame Ausbildung in den Bereichen Radiologie und Laboratoriumsmedizin beibehielt. Die Aufgaben der MTA bestanden in der „Hilfeleistung bei der Anwendung ionisierender Strahlung“.


Anekdote für den Rand

Das Frauenimage des Berufes sorgte dafür, dass 1968 im Rahmen der Ausbildung sogar Rücksicht auf die privaten Bedürfnisse der Ärzte genommen wurde:

„Gute Röntgenassistentinnen sind selten und dafür gibt es mehrere Gründe. Ein Großteil von Ihnen wird schnell weggeheiratet. Ihre Zahl ist so groß, dass der kluge und menschenfreundliche Leiter einer MTA-Schule die Aufnahme vom Nachweis eines Haushaltsjahres abhängig machte. Die Ärzte, die eine Assistentin heiraten, sollten schließlich nicht völliger hauswirtschaftlicher Unkenntnis ausgeliefert sein.“

Vermutlich stammt daher die selbstironische Übersetzung der MTA-Abkürzung als „Medizinertrost am Abend“. Noch im Jahr 2012 hat ein Professor der Radiologie den Trend bedauert, dass für die Radiologen keine guten MTRA mehr zu heiraten seien: entweder zu alt, oder zu hässlich oder mit einem MTRA verheiratet …

Die Teilung Deutschlands machte auch nicht vor der Teilung der Berufsbildung halt. Die Folge war eine zweijährige, fachrichtungsgetrennte Ausbildung (ohne praktische Ausbildung, lediglich theoretischer und praktischer Unterricht) „im Westen“. Zusätzlich wurde die Fachrichtung Veterinärmedizin gesetzlich verankert.

Die selbstständige Berufsausübung wurde gänzlich untersagt.

In der ehemaligen DDR hingegen wurde 1974 ein Gesetz erlassen, in dem eine dreijährige, fachrichtungsgetrennte Ausbildung (inkl. praktischer Ausbildung) verankert wurde.

Der heute bestehende MTA-Beruf findet seine gesetzliche Regelung im MTA-Gesetz von 1993. Der Beruf besteht aus den vier Fachrichtungen:



1.

Radiologie

 

2.

Laboratoriumsmedizin

 

3.

Funktionsdiagnostik

 

4.

Veterinärmedizin

 

Die selbstständige Berufsausübung ist nicht mehr untersagt. Allerdings erschweren andere Gesetze (z. B. Röntgenverordnung) diesen Weg. Theoretisch kann jede MTA eine Praxis eröffnen und einen Arzt anstellen.

Wer mehr über die anderen Berufsgruppen erfahren möchte: www.​dvta.​de oder www.​mta-werden.​de.

Das „höhere-Töchter-Image“ des Berufes bestand noch bis in die 1970er Jahre hinein und löste sich erst mit den Emanzipationsbewegungen langsam auf. Seitdem entwickelt sich ein eigenes Berufsverständnis, und die MTA werden sich ihrer Schlüsselrolle im Gesundheitswesen mehr und mehr bewusst. Inzwischen finden auch Männer zunehmend den Weg an die MTA-Schulen. In einer nach wie vor männerdominierten Gesellschaft kann das nur gut für die Karrierechancen des Berufes sein.

Vom „Knöpfchendrücker“ hat sich der Beruf längst entfernt. Hochkomplexe Untersuchungen an Großgeräten, Begriffe wie KIS, RIS, PACS, DICOM, Systemadministration und Management bestimmen den Berufsalltag.

Radiologen, Nuklearmediziner und Radioonkologen sind gleichermaßen „aufgeschmissen“, wenn keine MTRA anwesend sind. Wer soll dann die Geräte bedienen? Selbst ausgebildete MTRA brauchen mindestens sechs Monate Einarbeitungszeit an einem MRT, um alle Untersuchungen sicher zu beherrschen.

Während durch die medizinisch-technische Entwicklung ein Krankenhaus ohne MTRA gar nicht mehr arbeitsfähig ist, hat sich der Begriff der „Assistenten“ hartnäckig gehalten. Und auch die schulische Ausbildung ohne Lohn ist ein Relikt aus alter Zeit. Heute wird das jedoch durch den Kostendruck im Gesundheitswesen erklärt. Die Schulform hat aber auch nicht zu unterschätzende Vorteile. Während z. B. Auszubildende der Gesundheits- und Krankenpflege auf den Stellenschlüssel einer Station angerechnet werden und dementsprechend quantitativ ihre Leistung bringen müssen, sind MTRA-Schüler zusätzlich zu den bestehenden Fachkräften eingeteilt und können mehr ausprobieren und lernen, statt einen Arbeitsplatz „abarbeiten“ zu müssen.

Aktuell wird diskutiert, ob und wie man den Beruf akademisieren kann. Selbst die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG) fordert die Weiterbildung auf akademischem Niveau. Das ist deswegen so beachtlich, weil in allen anderen Gesundheitsfachberufen in Deutschland (Pflege, Physiotherapie etc.) auf dem Weg zu den Hochschulen erst einmal der Widerstand der Ärzte umgangen werden musste. Das unterstreicht die Bedeutung des Berufsstandes.

Selbst der Deutsche Wissenschaftsrat empfiehlt inzwischen die Akademisierung, wenn auch nur für bestimmte Aufgabenbereiche, wie Lehre, Leitung und Forschung. Eine der Begründungen gegen die vollständige Akademisierung ist der Berufszugang über den erfolgreichen Realschulabschluss. Wenn man nur noch Abiturienten zur Ausbildung zulassen würde, so die Theorie, würde sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärfen. Denn dort sind MTRA Mangelware. Heute ist bereits jede fünfte Stelle an den Krankhäusern unbesetzt, Tendenz steigend!

Breits in den 1930er Jahren war die Nachfrage nach MTA höher als das Angebot. Aus diesem Grund wurden Röntgengehilfinnen angelernt. Eine Entwicklung, die bis heute in der Zusatzausbildung „Röntgenschein“ für Medizinische Fachangestellte überlebt hat. 66 % der konventionellen Röntgenaufnahmen in Deutschland werden durch diese Berufsgruppe angefertigt. Das macht ca. 80 Mio. pro Jahr! Ungleich schwieriger dürfte allerdings die Anfertigung von Schnittbilduntersuchungen ohne MTRA sein. Ein zweiwöchiger Kurs klingt nicht nach einer adäquaten Vorbereitung – und das, wo die Zahlen für konventionelle Untersuchungen ab und für CT und MRT kontinuierlich zunehmen.

Auch wenn die Berufsgruppe noch nicht an die stringenten Karrierepläne anderer Berufe anknüpft, entwickeln sich die Aufstiegschancen des Berufes. Neben Tätigkeiten als Leitende MTA einer Abteilung, sind MTRA in der Industrie und anderen Bereichen gern gesehen (Kap.​ 25).

Als MTRA des 21. Jahrhunderts kann man auf jeden Fall mit Selbstbewusstsein sagen:

„Ohne MTA keine Diagnostik, ohne Diagnostik keine Therapie!“


1.1.1 In Kürze


Der Beruf der MTRA entstand in Deutschland als reiner Frauenberuf. Damit war er nicht nur dem technischen Wandel unterworfen, sondern auch dem des Frauenbildes in der Gesellschaft.

Noch heute kämpft der Beruf mit dem Frauenimage und der „Assistenz“ in der Berufsbezeichnung, obwohl die beruflichen Aufgaben selbstständig übernommen werden.

Aktuell gibt es Bestrebungen, den Beruf weiterzuentwickeln und sogar auf ein akademisches Niveau zu bringen, wie es im Ausland schon lange üblich ist.


1.2 Gesetz über die Berufsausübung als technischer Assistent/technische Assistentin in der Medizin (MTA-G)


Das aktuell gültige MTA-Gesetz wurde am 02. August 1993 erlassen. Damals entstand die Notwendigkeit zur Gesetzesänderung zum einen durch die veränderten politischen Verhältnisse in Deutschland (in Ost und West gab es unterschiedliche Berufsgesetze). Zum anderen wurde die Gesetzesänderung schon seit längerem vom Deutschen Verband technischer Assistenten in der Medizin e. V. (seit 2012 Dachverband der Technologen/-innen und Analytiker/-innen in der Medizin Deutschland e. V.), medizinischen und ärztlichen Fachgesellschaften sowie den Bundesländern gefordert. Begründet wurden diese Forderungen in erster Linie dadurch, dass eine Anpassung des MTA-Gesetzes an die Entwicklung in der Medizintechnik und andere Gesetze für Gesundheitsfachberufe (damals bezeichnet als nicht-ärztliche Heilhilfsberufe) unumgänglich sei.


Gründe für die Gesetzesänderung 1993





  • Die Dauer der Ausbildung von 2 Jahren genügte nicht mehr, um neue Untersuchungs- und Analysetechniken zu lehren.


  • Der Berufszweig der Medizinisch-technischen Assistenten (MTA) für Funktionsdiagnostik (in der ehemaligen DDR seit 1976) musste in das Gesetz aufgenommen werden.


  • Vorbehaltstätigkeiten der MTA mussten, zum besonderen Schutz der Patienten, definiert werden.


  • Das Verbot der selbstständigen Berufsausübung sollte wegfallen.


  • Die gemeinsame Grundausbildung sollte wegfallen, um den spezifischen Besonderheiten der Berufe gerecht zu werden.

Das MTA-Gesetz ist, wie alle Gesetz für die Gesundheitsfachberufe, ein Bundesgesetz. Das bedeutet, dass für ein solches Gesetz sowohl Bundesrat als auch Bundestag zustimmen müssen. Um überhaupt ein Gesetz zu verabschieden oder zu ändern, muss eine Initiative eingebracht werden, i. d. R. von Vertretern der Länder in Bundestag oder Bundesrat. Nach vielen Abstimmungen, Abwägungen und Diskussionen entsteht dann ein neues Gesetz.


1.2.1 Die Abschnitte des MTA-Gesetz (MTA-G)


Was sagt nun das Gesetz aus, und welche Folgen hat es für den Berufsalltag? Das MTA-Gesetz (MTA-G) regelt alle vier MTA-Berufe. Um eine bessere Lesbarkeit zu ermöglichen, wird hier allerdings nur auf den Beruf der MTRA eingegangen.

Das MTA-G ist in 6 Abschnitte geteilt, die verschiedene Belange rund um die Berufsausübung regeln.


Abschnitt I: Erlaubnis


Im § 1 des MTA-G steht, dass jeder, der die Berufsbezeichnung „Medizinisch-technische Radiologieassistentin“ oder „Medizinisch-technischer Radiologieassistent“ tragen möchte, eine Erlaubnis dazu benötigt. Diese wird von der zuständigen Länderbehörde erteilt und ist formal ein reiner Verwaltungsakt. Warum so viel Bürokratie?

Zum einen verhindert diese Regelung, dass sich jeder MTRA nennen darf. Wer ohne Berufserlaubnis den Berufstitel führt, muss mit einer Geldstrafe von bis zu 2500 € rechnen. Wichtiger ist aber, dass mit der Berufserlaubnis das Recht und die damit verbundene Verantwortung bestehen, die beruflichen Tätigkeiten selbstständig und ohne Aufsicht durch einen Arzt durchzuführen. Des Weiteren verpflichtet die Berufsbezeichnung zur sach- und fachkundigen Ausübung des Berufes und damit nicht nur zur Ausführung von „Hilfsdiensten“ für den Arzt, sondern sie befähigt auch dazu, fachliche Vorbehalte einzubringen (z. B. in Bezug auf die Methode zur Anfertigung von Röntgenaufnahmen).

§ 1 schreibt allerdings auch die Berufsbezeichnung gesetzlich fest, also dass der MTRA-Beruf ein Assistenzberuf ist. Das scheint nicht mehr zeitgemäß zu sein, da MTRA selbstständig ihre Tätigkeiten ausführen und nicht nur „assistieren“.

Was man erfüllen muss, um an solch eine Berufserlaubnis zu gelangen, ist in § 2 geregelt. Die Erlaubnis ist, natürlich nur nach einem entsprechenden Antrag, dann zu erteilen, wenn:





  • die gesetzlich vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden ist. Damit wird die fachliche Qualifikation bestätigt und der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein/e MTRA weiß, was sie tut.


  • man sich keines Vergehens schuldig gemacht hat, aus dem eine Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufes abzuleiten ist. Durch diese Regelung sollen Straftäter an der Berufsausübung gehindert werden. Zum Nachweis benötigt der Antragsteller ein polizeiliches Führungszeugnis.


  • der Antragssteller körperlich und geistig gesund ist und auch keine Suchterkrankung vorliegt. Der Nachweis der körperlichen Gesundheit und psychischen Stabilität unterstreicht die besondere Verantwortung gegenüber den Patienten. Den Nachweis darüber, ob eine bestehende Erkrankung eine Berufsausübung beeinflusst oder nicht (Kurzsichtigkeit hindert z. B. nicht am Röntgen, Hörgeräte aber am Betreten eines MRT-Raumes), erteilt meist ein arbeitsärztlicher Dienst. Ob auch andere und ggf. welche Ärzte diese Bescheinigung ausstellen, entscheidet die zuständige Behörde des jeweiligen Bundeslandes.

Diese Vorschriften dienen in erster Linie des Schutzes der Patienten, da der MTA-Beruf einem besonderen Stellenwert im Behandlungsprozess zukommt. MTRA haben darüber hinaus noch die Aufgabe mit ionisierender Strahlung zu arbeiten, was bei Falschanwendung zu einer Gefährdung der Patienten führen kann. Der Staat kommt damit seiner Verantwortung der Beachtung des Grundgesetzes Artikel 2 (Recht auf Unversehrtheit) nach.

Die Betonung der Bedeutung einer Berufserlaubnis bei gleichzeitiger Nicht-Erwähnung des Abschlusszeugnisses der staatlichen Prüfung bedeutet, dass für eine Berufsausübung ausschließlich die Berufserlaubnis eine Rolle spielt. Kann man diese nicht vorweisen, darf man den Beruf nicht ausüben. Die „Qualität“ des Abschlusszeugnisses bestimmt dagegen nur die „Qualität der Arbeitsstelle“.


Abschnitt II: Ausbildung


In diesem Abschnitt des Gesetzes wird auf grundlegende Aspekte der Ausbildung eingegangen, ohne ins fachliche Detail zu gehen. Dafür ist die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung als Bestandteil des Gesetzes vorhanden.

§ 3 beschreibt das Ziel der Ausbildung. Demnach soll ein/e MTRA durch die Ausbildung dazu befähigt werden:

… unter Anwendung geeigneter Verfahren in der Radiologischen Diagnostik und anderen bildgebenden Verfahren die erforderlichen Untersuchungsgänge durchzuführen sowie bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten in der Strahlentherapie und Nuklearmedizin mitzuwirken.

Das klingt abstrakt und nicht besonders vielsagend. An dieser Stelle wird lediglich ein kurzer Überblick über den Verantwortungsbereich des Berufes gegeben. Da der Gesetzgeber nicht weiß, wie sich die Medizin in den nächsten Jahren entwickeln wird, umgekehrt ein Gesetz aber möglichst lange seine Gültigkeit behalten soll, muss ein Interpretationsspielraum vorhanden sein, der gleichzeitig dazu zwingt, auf dem neuesten Stand der Wissenschaft und Technik zu arbeiten („Anwendung geeigneter Verfahren“). Festzuhalten ist, dass von „Befundung“ keine Rede ist, und die Formulierung „Untersuchungsgänge durchzuführen“ zum Ausdruck bringen soll, dass der/die MTRA nicht für die Gesamtuntersuchung allein verantwortlich ist.

Die Ausbildungsdauer ist in § 4 auf drei Jahre festgeschrieben. Darüber hinaus muss die Ausbildung an Krankenhäusern oder geeigneten medizinischen Einrichtungen stattfinden. Und damit ein/e MTRA nach der Ausbildung auch wirklich arbeiten kann und nicht nur berichtet, wie man laut Lehrbuch arbeiten würde, besteht der Gesetzgeber auf theoretischen und praktischen Unterricht sowie eine praktische Ausbildung.

Damit man überhaupt an einer MTRA-Schule aufgenommen werden kann, muss man, nach § 5 MTA-G, die gesundheitliche Eignung durch einen Arzt und mindestens einen Realschulabschluss oder vergleichbaren Abschluss einer allgemeinen Schulbildung nachweisen. Da die Bildung in Deutschland durch die einzelnen Bundesländer geregelt ist, existieren inzwischen viele Alternativen an möglichen Schulabschlüssen. Wer unsicher ist, sollte bei der Schulbehörde nachfragen.

Drei Jahre Ausbildung sind eine lange Zeit, in der man auch einmal krank sein kann. Um sicherzustellen, dass der überwiegende Teil der Ausbildungsveranstaltungen trotzdem wahrgenommen wird, hat der Gesetzgeber in § 6 den Umgang mit Fehlzeiten geregelt. Während der Ausbildung werden folgende Zeiten auf die Ausbildung angerechnet, müssen also nicht nachgeholt werden:





  • Ferien, nach den Regelungen der jeweiligen Schule


  • Ausbildungsunterbrechungen durch Schwangerschaft, Krankheit oder andere wichtige Gründe bis zu einer Gesamtzeit von 12 Wochen

Das heißt, in drei Jahren darf man insgesamt 60 Tage fehlen. Das sind immerhin vier Wochen pro Ausbildungsjahr.

Wird die Fehlzeit überschritten, kann die zuständige Behörde die Zulassung zur Prüfung verweigern mit der Konsequenz, dass die MTA-Schule länger besucht werden muss.

Diese Regelung gilt nicht für das vorgeschriebene Krankenhauspraktikum (Dauer ca. 230 Stunden).

Fehlt man während des Krankenhauspraktikums nur einen Tag, muss dieser nachgeholt werden.

§ 7 regelt den „Quereinstieg“ in die MTRA-Ausbildung. Man kann bei der zuständigen Behörde einen Antrag stellen, um eine andere, bereits abgeschlossene Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf auf die Ausbildung anrechnen zu lassen. Zumindest in dem Maß, in dem es sich um gleiche Ausbildungsinhalte handelt, kann so Ausbildungszeit eingespart werden. In der Praxis ist das jedoch sehr schwer umzusetzen. Nur innerhalb der MTA-Berufe kann man sich noch anders entscheiden und eine begonnene, nicht abgeschlossene Ausbildung durch die Behörde anerkennen lassen, da die Grundlagenfächer nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (z. B. Berufskunde, Anatomie) z. T. identisch sind. Selbst ein begonnenes, aber nicht abgeschlossenes Medizinstudium darf nicht angerechnet werden.

Der letzte Paragraph (§ 8)des Abschnittes Ausbildung beschreibt den Erlass einer Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die vier MTA-Berufe.


Abschnitt III: Vorbehaltene Tätigkeiten


In diesem Abschnitt, der die § 9 und 10 umfasst, werden die Vorbehaltstätigkeiten und damit die Legitimationen für den Beruf beschrieben.

Laut Gesetz dürfen MTRA folgende Tätigkeiten ausführen:



1.

Durchführung der technischen Arbeiten und Beurteilung ihrer Qualität in der Radiologischen Diagnostik und anderen bildgebenden Verfahren einschließlich Qualitätssicherung.

D. h., die Frage ob eine Untersuchung durchgeführt werden muss, entscheidet der Arzt, der auch die Bilder befundet. Die MTRA sind für die Erstellung der Bilder zuständig und entscheiden, ob der Befunder auf dem Bild alles sehen kann, was er sehen muss. Dafür muss die Befähigung gegeben sein, als MTRA selbst auf dem Bild einiges erkennen zu können. Darüber hinaus liegt es in der Verantwortung der MTRA, dass die Bilder jederzeit in der notwendigen technischen Qualität erstellt werden können und die Patienten nicht zu viel Strahlung ausgesetzt sind. Das gilt für alle Bereiche der Vorbehaltstätigkeiten.

 

2.

Die technische Mitwirkung in der Strahlentherapie bei der Erstellung des Bestrahlungsplanes und dessen Reproduktion am Patienten einschließlich Qualitätssicherung.

Laut Gesetz können MTRA alle Geräte in der Strahlentherapie bedienen und die technische Umsetzung der Bestrahlung realisieren. D. h. nicht, dass MTRA bestimmen wo und mit welcher Dosis ein Patient bestrahlt wird. Aber sie haben sicherzustellen, dass die Strahlung genau an der richtigen Stelle ankommt. Gerade im Bereich der Strahlentherapie spielt die Sorgfalt bei der technischen Einstellung eine sehr große Rolle, da unsachgemäß angewendete Strahlung zu schweren gesundheitlichen Schäden der Patienten führen kann.

 

3.

Die technische Mitwirkung in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie einschließlich Qualitätssicherung.

Auch hier steht wieder die Bedienung der Technik und nicht die Legitimation oder Befundung einer Untersuchung bzw. Therapie im Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit der MTRA. Die MTRA sind in erster Linie für die Bereitstellung und Portionierung der notwendigen radioaktiven Materialien zuständig sowie für die notwendigen Messungen am Patienten.

 

Only gold members can continue reading. Log In or Register to continue

Stay updated, free articles. Join our Telegram channel

Mar 19, 2016 | Posted by in GASTROINTESTINAL IMAGING | Comments Off on Berufsbild und Berufsgeschichte

Full access? Get Clinical Tree

Get Clinical Tree app for offline access