, Ingrid Offenhäusser4, Julia Thiele1 und Christel Vockelmann3
(1)
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Fetscherstr. 74, 01307 Dresden, Deutschland
(2)
Möhnesee, Deutschland
(3)
Radiologische Klinik, Christophorus-Kliniken GmbH, Coesfeld, Deutschland
(4)
MTA Schule, Universitätsklinikum Aachen (AöR), Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen, Deutschland
22.1 Allgemeines
M. Kahl-Scholz5
(5)
Möhnesee, Deutschland
22.1.1 Topographische Anatomie
Das Lymphsystem im menschlichen Körper setzt sich aus den lymphatischen Organen, den Lymphgefäßen und den Lymphknoten zusammen. Die Lymphknotenstationen dienen dabei als Filter und zu den Lymphorgane zählen z. B. Thymus, Milz, Mandeln sowie Appendix. Hier kann noch einmal nach primären lymphatischen Organen (Thymus, Knochenmark) und sekundären lymphatischen Organen (Lymphgefäße, -knoten, Mandeln, Milz, Peyer-Platten) unterschieden werden. Die Lymphe wird in das Venensystem drainiert.
22.1.2 Funktion
Das gesamte Lymphsystem ist Bestandteil des Immunsystems. Die primären lymphatischen Organe produzieren Immunzellen (B- und T-Lymphozyten), während sie in den sekundären lymphatischen Organen aufgenommen werden. Dort vermehren sie sich.
22.2 Radiologische Diagnostik
C. Vockelmann6
(6)
Radiologische Klinik, Christophorus-Kliniken GmbH, Coesfeld, Deutschland
22.2.1 Sonographie
Auch in der Diagnostik lymphatischer Erkrankungen ist die Sonographie die Screening-Methode der ersten Wahl. Die Lymphknotenstationen zervikal entlang der Hals-Gefäß-Nervenscheiden, axillär und inguinal sind hervorragend mit einem hochauflösenden Schallkopf zu untersuchen (Tab. 22.1, Abb. 22.1). Die abdominellen Lymphknoten paraaortal und die Milz lassen sich im Rahmen einer Abdomensonographie (Kap. 18) untersuchen. Neben der Größe der Lymphknoten – Richtwert ist hier max. 1 cm als Orientierung – lässt sich auch die Blutversorgung des Lymphknotens beurteilen. Und auch eine Störung der Architektur, mit dem normalen Fetthilus eines Lymphknotens als Hinweis auf eine Lymphknotenmetastase, lässt sich mit der hochauflösenden Sonographie – und ein bisschen Geduld – bereits bei nur geringen Veränderungen nachweisen. Durch diese Feindiagnostik ist der Ultraschall der Computertomographie und in den meisten Fällen auch der Kernspintomographie überlegen. Aus diesem Grund werden auch mediastinale Lymphknotenvergrößerungen, die im CT diagnostiziert worden sind, oftmals zunächst mittels Endosonographie beurteilt. Endosonographie bedeutet hierbei, dass der Gastroenterologe oder Internist einen Ultraschallkopf in die Speiseröhre einführt, vergleichbar mit einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie. Bei unklaren Fällen kann dann auch endoskopisch ultraschallgesteuert ein Lymphknoten mediastinal punktiert werden. Und nicht nur der Gastroenterologe hat diese Möglichkeit. Vielleicht kommt Ihnen mal die Abkürzung „EBUS“ unter. Hiermit ist die endobronchiale Ultraschalluntersuchung gemeint. Diese ist etwas aufwendiger als die Endosonographie durch den Ösophagus, weil Luft die Schallwellen (Kap. 7) nicht leitet und daher im Bronchus erst ein Schallfenster geschaffen werden muss.
Tab. 22.1
Untersuchungsprotokoll Sonographie Lymphknoten
Patientenvorbereitung | Entsprechende Körperregionen frei machen lassen |
Schallkopf | 7,5 MHz Linearschallkopf |
Standardebenen | Normale LK Längsebene, bei pathologischen Befunden 2. Ebenen |
Besonderheiten | Farbduplexsonographie zur Beurteilung der Vaskularisation |
Abb. 22.1
Auf 2,8 cm vergrößerter Lymphknoten mit fehlendem Fetthilus bei gesicherter Lymphomerkrankung
Neben dem Fetthilus ist das zweite sehr wichtige Unterscheidungskriterium zwischen normalem und suspektem Lymphknoten die Form. Ovaläre Lymphknoten sind eher benigne, runde Lymphknoten sind immer suspekt zu werten.
Für pathologische zu wertende Lymphknoten typisch ist der fehlende Fetthilus, im Ultraschall als zentral hyperechogene Zone nachweisbar (Abb. 22.1).
22.2.2 Konventionelle Röntgendiagnostik
Die konventionelle Röntgendiagnostik hat im Rahmen einer gezielten Untersuchung bei V. a. eine lymphatische Erkrankung keinen Stellenwert. Trotzdem können natürlich auch im Rahmen anderer Gründe oder klinischen Verdachtsdiagnosen lymphatische Erkrankungen und Lymphknotenvergrößerungen diagnostiziert werden. Die Sarkoidose oder auch Morbus Boeck (gesprochen buhk), eine granulomatöse Systemerkrankung, führt zu einer im konventionellen Röntgenbild der Lungen typischen Hilusverplumpung (Abb. 22.2), wobei man klassischerweise einen schmalen Saum Lunge zwischen Hilus und Herzschatten abgrenzen kann (im Gegensatz zu einem hilären Bronchialkarzinom).
Abb. 22.2
Typische Hilusvergrößerung bei Sarkoidose
22.2.3 Durchleuchtung/Angiographie
Durchleuchtung und Angiographie spielen in der Diagnostik und Therapie bei Erkrankungen des lymphatischen Systems keine Rolle.
22.2.4 Computertomographie
Die Computertomographie ist die Standardmethode zur Erfassung des Lymphknotenstatus bei V. a. Erkrankungen des lymphatischen Systems (Tab. 22.2, Abb. 22.3). Dabei gehören zu einem Staging bei V. a. Lymphom nicht nur Thorax und Abdomen zum Untersuchungsbereich, auch die Halslymphknoten sollten mit untersucht werden. Dies dient dazu, eine objektive und im Verlauf vergleichbare Bildgebung zu haben. Im Rahmen der Therapie wird die Größe der Lymphknoten und auch der Milz zur Beurteilung eines Therapieerfolges beurteilt. Zusätzlich gelingt es besser als mit der Kernspintomographie und Sonographie, Organmanifestationen eines Lymphoms festzustellen. Neben Lymphknoten und Milz können letztlich alle Organe in die Erkrankung einbezogen werden.
Tab. 22.2
Untersuchungsprotokoll Hals-Thorax-Abdomen CT
Patientenvorbereitung | Metall im Untersuchungsbereich ablegen lassen |
Positionierung | Rückenlage, Arme über den Kopf |
Scanbereich | Arteriell: Oberbauch Venös: Schädelbasis bis Leisten |
Röhrenstrom/-spannung | 100–120 kV, Dosismodulation |
Kontrastmittel | 80–120 ml iodhaltiges Kontrastmittel, ggf. gewichtsadaptiert Bolustracking: Aorta descendens auf Zwerchfellebenen Interscandelay: 20–25 sec |
Reformationen | Axiales, coronares und sagittales Weichteilfenster, ggf. zusätzlich nur Hals paracoronar Axiales Lungenfenster, coronare MIP-Rekonstruktion der Lunge |
Abb. 22.3
CT-Bild mit mediastinaler und bihilären Lymphknotenvergrößerungen bei Sarkoidose
Wie bei der Sonographie kann auch in der Computertomographie selbst bei relativ großen Lymphknoten in der Leiste der Fetthilus als fettisodense zentrale Zone im Lymphknoten nachgewiesen werden. Dies ist Zeichen für die Benignität des Lymphknotens. Ein fehlender Fetthilus ist Zeichen einer pathologischen Veränderung, z. B. eines Malignoms oder einer Entzündung. Auch die Form spielt in der Beurteilung des Lymphknotens wie in der Sonographie eine wichtige Rolle.
Ein weiterer Hinweis auf Malignität oder Benignität ergibt sich aus der Lokalisation des Lymphknotens. So finden sich mediastinal infrakarinal bei nahezu allen Patienten mehrere Lymphknoten. Diese sind per se nicht als suspekt zu werten. Finden sich diese Lymphknoten aber vor dem Aortenbogen, dann sollte zumindest eine Kontrolluntersuchung empfohlen werden; je nach weiteren Befunden ist auch eine weiterführende Diagnostik und Abklärung indiziert. Runde Lymphknoten mit relativ starkem Kontrastmittelenhancement in Nachbarschaft eines Kolonkarzinoms im perkolischen Fettgewebe sind ebenso suspekt auf eine Lymphknotenmetastasierung, selbst wenn die Größe der Lymphknoten unter 1 cm liegt. Abb. 22.4 zeigt ein Magenkarzinom mit etlichen Lymphknotenmetastasen.
Abb. 22.4
T4 Magenkarzinom mit ausgedehnten Lymphknotenmetastasen
Die Kombination aus CT und PET bietet den Vorteil der Kombination aus morphologischer und biologischer Information, Details dazu finden sich im folgenden Unterkapitel.
22.2.5 Kernspintomographie
Die Kernspintomographie kann wie die Computertomographie die Größe von Lymphknoten und auch einen Fetthilus als diagnostisches Kriterium sehr gut nachweisen (Tab. 22.3, Abb. 22.5). Nachteil ist der in aller Regel begrenzte Untersuchungsumfang. Bei umschriebenen Lymphknotenvergrößerungen zervikal bei jüngeren Patienten bietet sich die Kernspintomographie aber immer als weiterführende Diagnostik im Anschluss an die Sonographie an. Auch der lokale Lymphknotenstatus bei Rektumkarzinom lässt sich kernspintomographisch sehr gut im Rahmen des Lokalstagings nachweisen.
Tab. 22.3
Untersuchungsprotokoll MRT Hals zur Lymphknotendiagnostik
Patientenvorbereitung | Metallteile, Scheckkarten, Schmuck etc. ablegen lassen |
Positionierung | Rückenlage |
Spule | Kopf-Hals-Spule |
Scanbereich | Schädelbasis bis obere Thoraxapertur |
Sequenzen/Wichtungen | Coronar STIR, coronar T1w, axial T1w, axial oder sagittal T2w; bei Kontrastmittelgabe ggf. coronare und axiale T1FS |
Kontrastmittel | Ggf. 0,1 mmol/kgKG |
Abb. 22.5
Pathologisch vergrößerter Lymphknoten bei HCC. (© Vockelmann)
Immer mal wieder in der Entwicklung sind spezifische Kontrastmittel, die eine Differenzierung zwischen malignen und benignen Lymphknotenvergrößerungen ermöglichen sollen. So gab es vor einiger Zeit Versuche mit winzigen Eisenpartikeln, ultrasmall superparamagnetic iron oxide (USPIO), die von maligne entarteten Lymphknoten weniger aufgenommen werden.
Im klinischen Alltag spielt diese Diagnostik zumindest heutzutage noch keine Rolle. Lymphknotendiagnostik erfolgt je nach Lokalisation und Befund anhand nativer Untersuchungen, bei nativ nicht eindeutigen Befunden kann eine Kontrastmittelgabe in der Differenzierung helfen.
22.3 Nuklearmedizinische Diagnostik
I. Offenhäusser7
(7)
MTA Schule, Universitätsklinikum Aachen (AöR), Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen, Deutschland
Mit der Sentinel-Lymphknoten-Szintigraphie werden vor einer geplanten Operation die relevanten Lymphknoten („Wächter″ einer Lymphbahn) sichtbar gemacht.