, Ingrid Offenhäusser3 und Christel Vockelmann2
(1)
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Fetscherstr. 74, 01307 Dresden, Deutschland
(2)
Radiologische Klinik, Christophorus-Kliniken GmbH, Coesfeld, Deutschland
(3)
MTA Schule, Universitätsklinikum Aachen (AöR), Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen, Deutschland
17.1 Allgemeines
I. Offenhäusser4
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MTA Schule, Universitätsklinikum Aachen (AöR), Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen, Deutschland
Die Lungenventilations-/perfusionsszintigraphie zum Nachweis akuter Lungenembolien stellt eine Notfallindikation in der nuklearmedizinischen Diagnostik dar. Als Embolie bezeichnet man den teilweisen oder vollständigen Verschluss eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel, sie ist für den Patienten lebensbedrohlich. Auch bei anderen Erkrankungen kann die Lungenszintigraphie wertvolle diagnostische Erkenntnisse liefern.
17.1.1 Topographische Anatomie
Die Lunge ist ein paarig angelegtes Organ. Sie besteht aus einem rechten und linken Lungenflügel (Pulmo dexter, Pulmo sinister), beide umgeben das Mediastinum. Jeder Lungenflügel wird in sog. Lungenlappen unterteilt, der rechte Lungenflügel teilt sich in drei, der linke in zwei Lappen auf. Die Lungenlappen verzweigen sich wiederum in Lungensegmente. Die Bezeichnung erfolgt hier entsprechend der Zuordnung zum versorgenden Bronchialast, der 10 Segmente rechts und 9 Segmente links versorgt, das 7. Segment fehlt hier (Abb. 17.1). Beide Lungenflügel liegen den Rippen an, an der Lungenbasis werden sie vom Zwerchfell begrenzt, während sie oben mit ihren Spitzen (Apex) die beiden Schlüsselbeine überragen. Hauptaufgabe der Lunge ist der Gasaustausch zwischen Organismus und Umwelt. Die Atemluft wandert über die Luftröhre (Trachea), die sich in der Bifurkation in die beiden Hauptbronchien teilt, weiter in die Segmentbronchien, in die Subsegmentbrochien, die Bronchiolen und schließlich in die Lungenbläschen (Alveolen), die weintraubenartig das Ende der Verästelung des Bronchialtraktes bilden.
Abb. 17.1
Topografische Anatomie der Lunge. Bronchialbaum
17.2 Radiologische Diagnostik
C. Vockelmann5
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Radiologische Klinik, Christophorus-Kliniken GmbH, Coesfeld, Deutschland
17.2.1 Sonographie
Die Sonographie ist sehr gut geeignet, Pleuraergüsse, also Flüssigkeit im Pleuraspalt nachzuweisen. Bei größeren Ergussmengen ist auch eine sonographisch gesteuerte Punktion des Ergusses hervorragend möglich. In aller Regel erfolgt diese durch die Internisten, da sie Patienten mit relevanten Pleuraergüssen oftmals primär behandeln.
17.2.2 Konventionelle Röntgendiagnostik
Basisdiagnostik der Lunge und der Bronchien ist der Röntgen-Thorax (Kap. 14). In Einzelfällen wird noch eine Tracheazielaufnahme angefertigt, um eine Tracheomalazie, also eine Einengung der Trachea z. B. durch eine Schilddrüsenvergrößerung, nachzuweisen.
Oft wird der Röntgen-Thorax mit der Frage nach einem Pneumothorax in Exspiration geröntgt. Neuere Studien zeigen jedoch, dass es keinen signifikanten Unterschied in der Detektion eines Pneumothorax zwischen Aufnahmen in Inspiration und Exspiration gibt.
17.2.3 Durchleuchtung/Angiographie
Durchleuchtungsuntersuchungen des Thorax sind inzwischen relativ selten geworden. Man kann unter Durchleuchtung z. B. die Beweglichkeit des Zwerchfells beurteilen oder auch eine fragliche Verdichtung im Röntgen-Thorax weiter abklären. Oft wird jedoch dann als wesentlich sensitiveres Verfahren eine Computertomographie des Thorax angefertigt.
17.2.4 Computertomographie
Die Computertomographie ist zur Abklärung von Erkrankungen des Thorax mittlerweile nicht nur eine ergänzende Diagnostik zum Röntgen-Thorax (Tab. 17.1). Bei vielen Fragestellungen wird das CT der Lunge als primäre Diagnostik durchgeführt. Bei bestimmten Erkrankungen, z. B. einem Rektum-Karzinom, wird in vielen onkologischen Zentren primär eine CT der Lunge zum Ausschluss einer Metastasierung angefertigt. Vorteil der CT gegenüber der konventionellen Röntgenaufnahme ist die Möglichkeit, auch kleine Rundherde, die Metastasen entsprechen, entdecken zu können.
Tab. 17.1
Untersuchungsprotokoll CT der Lunge
Patientenvorbereitung | Metallteile am Oberkörper entfernen |
Positionierung | Rückenlage |
Scanbereich | Lungenspitzen, sodass die Axillae erfasst werden bis ca. Mitte L1, sodass die Nebennieren erfasst werden |
Röhrenspannung/-strom | 120 kV, Dosismodulation |
Kontrastmittel | 60–80 ml |
Reformationen | Weichteilfenster axial 3 mm, coronar 3 mm Lungenfenster axial 3 mm, coronar 3 mm MIP ggf. Knochenfenster BWS sagittal 3 mm |
Besonderheit
Wenn nur das Lungenparenchym beurteilt werden soll, kann die Computertomographie der Lunge auch als low-dose-Untersuchung mit nur sehr geringer Strahlenbelastung und ohne Kontrastmittelgabe erfolgen. Typische Fragestellung hierfür ist z. B. die Suche nach Emphysembullae bei Patienten mit einem Spontanpneumothorax.
Auch in der Diagnostik von Parenchymerkrankungen der Lunge, wie der Lungenfibrose mit ihren unterschiedlichen Manifestationsformen, ist die Computertomographie Methode der ersten Wahl. Aus der Diagnostik dieser Erkrankungen gibt es den Begriff des „HR-CT“. HR steht hierbei für high resolution. Zu Zeiten von Einzeilen-Computertomographen wurden hierbei einzelne, sehr dünne Schichten mit einem aufhärtenden Algorithmus angefertigt, um feine Veränderungen im Lungenparenchym zu sehen. Mittlerweile wird eigentlich jedes Thorax-CT primär dünn mit einer Schichtdicke von 1 mm oder weniger akquiriert, zumeist jedoch nicht so dünn im PACS archiviert. Eigentlich machen Sie also ausschließlich HR-CT-Untersuchungen.
17.2.5 Kernspintomographie
In der Beurteilung des Lungenparenchyms hat sich die Kernspintomographie bisher noch nicht bewährt. Das liegt zum einem an der Detektion von kleinsten Veränderungen in einem atemabhängigen, und damit schwer ruhigzustellendem Organ. Dann sind kleine Verkalkungen für die Beurteilung von Veränderungen sehr wichtig. Diese sind in der Kernspintomographie wie auch die Luft signalfrei, sodass diese Befunde der Kernspintomographie entgehen. Aus diesen Gründen ist die Kernspintomographie der Lunge heute keine übliche Diagnostik. Trotzdem ist die Lunge bei vielen Untersuchungen, wie z. B. einem Kardio-MRT oder einer Untersuchung des Oberbauches, zumindest partiell mit im Untersuchungsgebiet und sollte auch immer mit betrachtet werden, um nicht evtl. relevante Befunde zu übersehen.
17.3 Nuklearmedizinische Diagnostik
I. Offenhäusser6
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MTA Schule, Universitätsklinikum Aachen (AöR), Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen, Deutschland
17.3.1 Voraussetzungen zur Diagnostik
Das venöse, kohlendioxydreiche Blut zirkuliert über den rechten Ventrikel, die Pulmonalarterie und weiter über die entsprechend der Lappen-, Segment- und Subsegmentanatomie verlaufenden Gefäße, die im Alveolarbereich in das Kapillarbett münden (Abb. 17.2). In diesem Bereich sind Alveolen und Kapillaren nur durch eine dünne Schicht getrennt, sodass der Sauerstoff aus den Alveolen schnell in das Kapillarblut übertreten kann. Der zuführende Kapillarschenkel gibt das sauerstoffarme, kohlendioxidreiche Blut seinerseits in die Alveolen zurück, das Kohlendioxid wird abgeatmet. Der Gasautausch erfolgt stets im Konzentrationsgefälle, also vom Ort hoher zum Ort niedriger Konzentration.
Abb. 17.2
Topografische Anatomie der Lunge
17.3.2 Lungenventilations/ -perfusionsszintigraphie
Während die Ventilation den Belüftungszustand der Lunge spiegelt, stellt die Perfusion die Durchblutung dar. Belüftung und Durchblutung sind gekoppelt. So führt eine schlechte Belüftung durch einen alveovaskulären Reflex, den Euler Liljestrand-Reflex, zur verminderten Durchblutung des entsprechenden Lungenabschnittes. Über diesen Mechanismus wird die Menge des sauerstoffangereicherten zirkulierenden Blutes im Organismus möglichst konstant gehalten. Die Kombination von Ventilation- und Perfusionsstudie ist ratsam, um frische Embolien von alten Ereignissen zu unterscheiden. Wird die Durchblutung langfristig unterbrochen, so nekrotisiert das hinter dem Thrombus liegende Gewebe, sodass auch die Ventilation Ausfälle zeigt. Im Gegensatz zum Embolienachweis mit einem Multidetektor-CT ist die Strahlenexposition, besonders die der weiblichen Brust, bei Szintigraphie geringer, und es wird kein iodhaltiges Kontrastmittel benötigt, welches bei Allergien gegen Iod, Hyperthyreose und Niereninsuffizienz nicht injiziert werden darf. Subsegmentale Embolien können der CT entgehen, sodass die erhöhte Sensitivität der Szintigraphie ein weiteres Plus darstellt.
Lungenventilationsszintigraphie
Die Ventilationsszintigraphie wird nach Inhalation von Gasen, Aerosolen oder verdampften Kohlepartikeln akquiriert. Wir arbeiten mit ultrafeinen 99mTc markierten Kohlepartikeln. Vorbereitend wird das Generatoreluat in einen vom Hersteller gelieferten Graphittiegel, der in den Technegasgenerator eingesetzt wird, eingebracht (Abb. 17.3, Abb. 17.4) und in Argongasatmosphäre auf ca. 2500 Grad Celsius erhitzt. Es bilden sich nun kleine Ansammlungen von 99mTc markierten Kohlenstoffatomen. Die unmittelbar folgende Ventilation mit dem entstandenen radioaktiv markierten Technetiumgas muss innerhalb von 10 Minuten abgeschlossen sein, da die Partikel zunehmend verklumpen.
Abb. 17.3
Graphittiegel
Abb. 17.4
Einsatz des Graphittiegels in die Schublade des Technegasgenerators
Der Patient sollte über den Untersuchungsablauf gut informiert sein, bevor mit dem inaktiven System bei dicht anliegendem Mund und verschlossener Nase Atemübungen durchgeführt werden. Dieses Vorgehen sichert ab, dass die abgeatmete radioaktive Luft in dem dafür vorgesehenen Filtersystem hängen bleibt, und es nicht zur Kontamination des Personals und der unmittelbaren Umgebung kommt. Vor Inhalation erhält der Patient zwei Hübe Berodual zur Erweiterung der Bronchien. Er hustet ggf. und atmet tief ein und aus, um Schleimpfropfen zu lösen, die Lunge entfaltet sich. Die Zielaktivität übersteigt i. d. R. 10–20 MBq nicht, sodass die Ventilations- der Perfusionsstudie vorangestellt werden muss.
Um das Lösen von Thromben zu verhindern, muss der Patient mit Vorsicht aus dem Bett auf den Untersuchungstisch umgelagert werden. Er liegt auf dem Rücken. Die Arme sind durch Einsatz entsprechender Lagerungshilfen über dem Kopf bequem und stabil positioniert. Planare Szintigramme werden aus acht Sichten angefertigt: ventral (RVL); dorsal (LDR); links lateral; rechts lateral sowie rechts anterior oblique und links anterior oblique (RAO/LAO) und rechts posterior oblique und links posterior oblique (RPO/LPO). Zur Beurteilung komplexer Befunde hat sich die Anfertigung von SPECT-Aufnahmen (64 Ansichten à 24 sec./Matrix 128 × 128) bewährt. Ein SPEC/CT bietet die Möglichkeit, in Low Dose Technik die funktionelle mit der morphologischen Bildgebung zu koppeln.
Die Ventilation kann auch mit anderen Gasen durchgeführt werden, was aber mit umfangreichen logistischen Anforderungen verbunden ist. 133Xenon erfordert spezielle bauliche Strahlenschutzmaßnahmen, während 81mKrypton, Tochternuklid des 81