Sonographie




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Radiologische Klinik, Christophorus-Kliniken GmbH, Coesfeld, Deutschland

 



In der Notaufnahme des Krankenhauses stellt sich eine 55jährige, adipöse Patientin mit rechtsseitigen, krampfartigen Oberbauchbeschwerden vor. In der klinischen Untersuchung findet der aufnehmende Arzt ein positives Murphy-Zeichen: Bei der tiefen Palpation im rechten Oberbauch kommt es zu einem plötzlichen, schmerzbedingten Stoppen der tiefen Inspiration. In der Labordiagnostik von Blut und Urin sind die Entzündungsparameter (CRP, Leukozyten) leicht erhöht. Zur weiteren Abklärung wird eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens veranlasst, die im rechten Oberbauch das folgende Bild zeigt (Abb. 7.1).


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Abb. 7.1
Ultraschallbild der Gallenblase. In der Gallenblase zeigt sich eine Struktur mit dorsaler Schallauslöschung (roter Pfeil). Das angrenzende Leberparenchym (Stern) hat eine normale Textur

Stellen Sie sich vor, dass Sie in Ihrer Ausbildung zur MTRA gerade beim Bereich „Sonographie“ angekommen sind:



1.

Welcher Verdacht liegt diagnostisch nahe, wenn Sie sich die Symptome der Patientin und das Ultraschallbild betrachten?

 

2.

Dr. Echo hat Ihnen kurz telefonisch mitgeteilt, dass sie etwas später zur Untersuchung kommt und bittet Sie, die wichtigsten Einstellungen am Sonographiegerät vorzunehmen. Was müssen Sie einstellen?

 

3.

Und welche Einstellungen nehmen Sie vor, wenn eine Duplexsonographie der Beinvenen durchgeführt werden soll?

 


7.1 Physikalische Grundlagen der Sonographie



7.1.1 Ultraschallwellen


Bei der Sonographie werden Ultraschallwellen eingesetzt, um Schnittbilder vom menschlichen Körper anzufertigen.


Definition

Als Ultraschall werden Schallwellen mit Frequenzen oberhalb des menschlichen Hörvermögens bezeichnet.

Einige Tiere, z. B. Fledermäuse und Delphine, können diese Frequenzen wahrnehmen und nutzen den Ultraschall zur Ortung im Raum. Schall entsteht durch die Erzeugung von Über- und Unterdruckzonen. Die beschallten Moleküle wandern nicht, sondern schwingen und geben diese Schwingungsenergie an das Nachbarmolekül weiter, sodass sich der Schall ausbreitet.

Erzeugt werden die Ultraschallwellen in Sonographiegeräten über den sog. reziproken piezoelektrischen Effekt an einem Quarzkristall. Der Festkörper dient als Sender und Empfänger der Schallwellen. Der Piezoeffekt entsteht durch die Kontraktion und Elongation – also Stauchung und Ausdehnung – des Kristalls (Abb. 7.2a). Durch eine angelegte äußere elektrische Spannung kommt es zur Aussendung der Schwingungen, sprich der Schallwellen (= Schallwellenemission).


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Abb. 7.2a,b
Im Ruhezustand liegt der Mittelpunkt der positiven und der negativen Ladungen übereinander, die Ladungen neutralisieren sich. Wenn der Kristall komprimiert wird, verschieben sich die Mittelpunkte der Ladungen gegeneinander, es entsteht eine messbare elektrische Spannung (a). Pieoeffekt (b)

Treffen die Schallwellen auf ihrem Weg auf einen Impedanzsprung (Wellenwiderstand), z. B. an der Grenze von Fettgewebe zu Wasser, werden sie reflektiert und als Echo bzw. Resonanz auf dem Quarzkristall empfangen. Durch den dadurch erzeugten Schalldruck verformt sich der Kristall, die elektrische Ladung wird verschoben. Durch diesen Piezoeffekt (Abb. 7.2b) entsteht eine messbare elektrische Spannung, die mit der angeschlossenen Elektronik aufgenommen und als Bild angezeigt wird.

In der Medizin wird das Verfahren seit Mitte der 70er Jahre zur Bildgebung eingesetzt.

Für den menschlichen Körper sind Ultraschallwellen ungefährlich. Lediglich eine geringe Erhöhung der Körpertemperatur ist bei einer intensiven Untersuchung denkbar.

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schallwellen hängt vom durchschallten Medium und dessen Elastizität und Moleküldichte ab (Tab. 7.1).



Tab. 7.1
Geschwindigkeit der Schallwellen in Abhängigkeit vom Medium


















Luft

340 m/s

Wasser/Fett

1450 m/s

Weichteilgewebe

1540 m/s

Knochen

2700–4100 m/s

Das Ultraschallbild entsteht durch Wellen, die an Gewebeübergängen reflektiert, gestreut und gebrochen werden. Dieser Effekt entsteht durch Impedanzsprünge, z. B. an den Organgrenzen oder Gefäßwänden. Impedanz (z) steht für den Übergangswiderstand, der ein Produkt aus der Schallgeschwindigkeit (c) im Medium und der Dichte ($\varrho $) des Mediums ist:




$\text{z} = \text{c} \times \varrho $

Ohne Grenzübergänge kein Ultraschallbild!


Was passiert mit den Schallwellen im Körper?




1.

Absorption

Ein Großteil der Schallwellen wird absorbiert, also in ein Medium vollständig aufgenommen (lat. absorptio = Aufsaugung).

 

Die Absorption verstärkt sich exponentiell mit zunehmender Bildtiefe und steigt linear mit der eingeschallten Frequenz.

Die absorbierte Energie wird in Wärme umgewandelt. Es gibt daher verschiedene Schallköpfe, die unterschiedliche Frequenzen aussenden. Typischerweise werden bei der Abdomenbildgebung Frequenzen von 3,5 MHz verwendet, bei oberflächlichen Strukturen können hochfrequente Schallköpfe von bis zu 20 MHz verwendet werden, die ein nur wenige cm in die Tiefe reichendes Bild erzeugen können (Tab. 7.2).



Tab. 7.2
Frequenzabhängige Eindringtiefe von Schallwellen ins Gewebe
























Frequenz

Auflösung axial/lateral

Abbildungstiefe

3,5

1 mm / 2 mm

160 mm

5

0,6 mm / 1,2 mm

100 mm

7,5

0,4 mm / 0,8 mm

50 mm



2.

Reflexion und Streuung

Sind die Grenzflächen wesentlich größer, als die Wellenlänge, kommt es zur Reflexion.

 


Definition

Reflexion bedeutet, dass Einfallswinkel und Ausfallswinkel gleich sind.

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Mar 19, 2016 | Posted by in GASTROINTESTINAL IMAGING | Comments Off on Sonographie

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