FEEL



Abb. 4.1
Einbettung des FEEL-Konzeptes in den ALS


Durch die zeitlich begrenzte Untersuchungsdauer der bildgebenden Diagnostik konzentriert sich FEEL auf den B‑Mode und ggf. M‑Mode. Anatomische und funktionelle Messungen erfolgen nicht. Dies unterscheidet FEEL von anderen Echokardiographie-Konzepten (z. B. FATE, focused assessed transthoracic echo ). In jedem Fall sind eine Bild- oder Filmdokumentation und ein schriftlicher Befund nach der Versorgung des Patienten erforderlich.

Die aktuellen ERC‑Leitlinien von 2010 zur kardiopulmonalen Reanimation weisen auf das Potential der bildgebende Unterstützung bei der Beurteilung der behandelbaren Differenzialdiagnosen in einer Reanimationssituation hin, indem Ultraschall an vielen Stellen als Hilfsmittel genannt wird.

In der Peri-Reanimationsphase müssen immer behandelbare Ursachen des Kreislaufstillstandes differenzialdiagnostisch bedacht werden. Vier dieser 4 „H“s und 4 „T“s, nämlich Hypovolämie, hoch- oder höchstgradig eingeschränkte Pumpfunktion sowie Rechtsherzbelastung (beides „Thrombosis“) und Perikardtamponade (◘ Tab. 4.1), können schnell und effektiv mittels einer sonographischen Bildgebung während des ALS aufgedeckt und behandelt werden.



Tab. 4.1
Behandelbare Ursachen eines Kreislaufstillstand es
























4 „H“s

4 „T“s

Hypoxie

Thrombose (kardial oder pulmonal)

Hypovolämie

Spannungspneumothorax

Hypothermie

Perikardtamponade

Hypo‑/Hyperkaliämie

Intoxikation

Die fett und kursiv markierten Ursachen sind mittels FEEL-Untersuchung identifizierbar

Es zeigt sich, dass eine längere Reanimationsdauer, verbunden mit der Möglichkeit einer weiterführenden Diagnostik und ggf. Intervention, ein verbessertes Outcome zur Folge haben kann.

Um die hohen Anforderungen, die sich in einer Reanimationssituation an die Anwendung von Ultraschall stellen, erfüllen zu können, sollte die fokussierte Echokardiographie in didaktisch hierauf ausgerichteten Kursen erlernt und in Szenarien mit klinischem Kontext trainiert werden.

Es gibt mindestens 4 reversible Ursachen des Kreislaufstillstandes, die mittels fokussierter Echokardiographie aufgedeckt werden können.



4.1.2 Schallkopf wahl, ‑positionen und Sonoanatomie


Geeignet wäre insbesondere der Sektorschallkopf (Goldstandard). Es können aber auch eine Microkonvex Sonde und notfalls auch ein Abdomenschallkopf verwendet werden. Die Eindringtiefe sollte für die FEEL‑Untersuchung als Preset fix auf 20 cm gesetzt werden.

Die im FEEL‑Algorhythmus angewendeten Schallkopfpositionen sind hauptsächlich der Subxiphoidalschnitt, die parasternal lange und kurze Achse und weniger gut anwendbar die apikale Schallkopfposition.

Der Patient befindet sich bei der Untersuchung nach dem FEEL‑Konzept immer in Rückenlage, da eine Lageveränderung des Patienten während einer Reanimation nicht leitlinienkonform und nicht praktikabel wäre. Hierdurch kann es im Vergleich zur Echokardiographie in Linksseitenlage zu Veränderungen in der Anlotung, Darstellbarkeit und auch der Bildqualität kommen. Daher sollten nur qualitative Aussagen getroffen werden.


Subkostaler Vierkammerblick (lange Achse , wichtigste FEEL‑Position)


Die Sonde wird unter dem Processus xiphoideus in einem flachen Winkel mit Schallrichtung nach oben bzw. linke Schulter platziert. Die Sonde sollte dabei mit der Hohlhand umschlossen werden. Es wird die Leber als Schallfenster benutzt.


Sonoanatomie

Leber (als „Vorlaufstrecke“), die 4 Herzkammern und die Funktion können dargestellt werden, das Interventrikularseptum (IVS) und weitere Strukturen können beurteilt werden, wie die Mitralklappe und die Trikuspidalklappe.

Mit wenig Übung kann aus dieser Position heraus auch die kurze Achse (Zweikammerblick ) durch Rotation der Sonde erreicht werden. Dieser Blick zeigt das Herz dann wie beim parasternalen Kurzachsenblick.

Darstellung der herznahen V. cava inferior: Ebenso kann in diesem Bereich transkostal, transhepatisch die V. cava inferior gut dargestellt werden (transversal oder longitudinal). Dabei wird die respiratorische Variabilität beurteilt (Kollaps bei Hypovolämie oder Stauung bei Herzinsuffizienz). Die Anlotung wird direkt durch lotrechtes Aufsetzen des Schallkopfes erreicht und ist schneller umsetzbar, als das alternative Vorgehen, wo aus der subkostalen langen Achse in die kurze Achse rotiert und gekippt wird.


Parasternal kurze Achse (1. alternative Position, falls subkostal nicht darstellbar)


Der Schallkopf wird im 2. Interkostalraum links parasternal platziert. Aus der parasternal langen Achse gelangt man durch eine 90°‑Drehung des Schallkopfes im Uhrzeigersinn in die parasternal kurze Achse.


Sonoanatomie

In der parasternal kurzen Achse kann v. a. der linke Ventrikel und seine Wandabschnitte beurteilt werden. Durch eine Veränderung des Aufsetzwinkels der Sonde kommt es zu unterschiedlichen Schnittbildern in der parasternal kurzen Achse. So kann sich ein Überblick von der Papillarmuskelebene, über die Mitralklappenebene bis in die Aortenklappenebene verschafft werden.

In der parasternal kurzen Achse kann v. a. sehr gut der rechte Ventrikel beurteilt werden (Größe im Verhältnis zum linken Ventrikel). Der rechte Ventrikel sollte deutlich kleiner sein als der linke Ventrikel (Verhältnis RV : LV = 0,6:1). Das D‑Sign (paradoxe Septumbewegung) bei Verdacht auf Lungenarterienembolie mit Rechtsherzbelastung kann ebenfalls in dieser Schnittebene am deutlichsten herausgearbeitet werden.


Parasternal lange Achse


Die Sonde wird in der Regel im 2. Interkostalraum links, ggf. auch im 3. Interkostalraum, parasternal platziert.


Sonoanatomie

In diesem Schnitt können der rechte Ventrikel, das IVS, der linke Ventrikel mit Aortenklappe und Mitralklappe und der linke Vorhof begutachtet werden. Ebenso ist ein Teil der Aorta ascendens einsehbar.


Apikaler Kammerblick


Bei Perireanimation wird der Schallkopf unterhalb der linken Mamille oder ggf. am Ort des tastbaren Herzspitzenstoßes aufgesetzt. Bei einem funktionellen Herzstillstand muss die Lage der Herzspitze aus der anatomischen Lage in den vorherigen Schnittebenen abgeschätzt werden.


Sonoanatomie

Es können wie im subkostalen Vierkammerblick alle 4 Herzkammern identifiziert werden.

Während einer Reanimation kann der Versuch einen apikalen Vierkammerblick zu erreichen erheblich länger andauern, als der ALS dies zulassen würde. Der Ablauf des ALS darf dadurch nicht beeinträchtigt werden (minimale Unterbrechung der Thoraxkompressionen).



4.2 Untersuchungsablauf und Integration in den Advanced Life Support (ALS )



4.2.1 Allgemeines


Nach Etablierung eines effektiven ALS (Rhythmusanalyse und ggf. Defibrillation, mindestens 2 min Thoraxkompression, Sicherung der Atemwege, Medikamentenzugang und ‑gabe) müssen bei Vorliegen eines nicht schockbaren Eigenrhythmuses differenzialdiagnostische Überlegungen hinsichtlich der behandelbaren Ursachen eines Kreislaufstillstand es abgearbeitet werden.

Hierbei steht neben der Anamnese/Fremdanamnese eine bildgebende Technik mittels FEEL‑Untersuchung zur Verfügung. Die fokussierte Echokardiographie kann dabei helfen, nach Aufdecken einer behandelbaren Ursache eines Kreislaufstillstandes die geeignete Therapie einzuleiten (z. B. Einsatz der Fibrinolyse bei Zeichen der Lungenarterienembolie oder Perikardpunktion bei relevantem Perikarderguss/‑tamponade).

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Apr 5, 2020 | Posted by in GENERAL RADIOLOGY | Comments Off on FEEL

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