Abb. 11.1
a, b Sonoanatomie des Thorax. B‑Mode, Linearschallkopf (a) und Konvexschallkopf (b). Zwei benachbarte Rippen mit dazugehörigem Schallschatten und die dazwischen liegende Pleuralinie bilden das Fledermauszeichen . Weiterhin sind das Weichteilgewebe der Thoraxwand sowie Reverberationsartefakte (▶ Abschn. 11.1.4) dargestellt
11.1.2 Pleuralinie und Lungengleiten
Unterhalb der Interkostalmuskulatur kommt die Pleuralinie zur Darstellung. Diese wird von Pleura parietalis und Pleura visceralis gebildet und stellt sich als dünnes echoreiches Reflexband dar (◘ Abb. 11.1).
Das atemsynchrone Gegeneinandergleiten von Pleura visceralis und Pleura parietalis heißt Lungengleiten und kann im bewegten B‑Bild dargestellt werden. Lungengleiten kann objektiviert werden, indem ein M‑Mode zwischen 2 benachbarten Rippen durch die Pleuralinie gelegt wird. Lungengleiten stellt sich im M‑Mode‑Bild als sog. Seashore-Zeichen dar. Im Bereich des subkutanen Gewebes und der Zwischenrippenmuskulatur zeigen sich horizontale Linien („sea“ = ruhige See). Im Bereich der Pleuralinie und unterhalb der Pleuralinie zeigt sich ein granuliertes Muster („beach“ = unebener Strand), das durch die Bewegung der Lunge im Bereich der Pleuralinie zustande kommt (◘ Abb. 11.2). Lungengleiten ist der Beweis für das Aneinanderliegen von Pleura parietalis und Pleura visceralis.
Abb. 11.2
Darstellung des Lungengleitens – Normalbefund. M‑Mode, Linearschallkopf. Seashore-Zeichen: Oberhalb der Pleuralinie entsteht ein lineares Muster („sky“ und „ocean“), während unterhalb der Pleuralinie durch die atemabhängige Verschiebebewegung der Pleurablätter ein granuliertes, sandartiges Muster entsteht („beach“)
11.1.3 Lungenpuls
Als Lungenpuls wird die mit jedem Herzschlag synchron auftretende Bewegung im Bereich der Pleuralinie bezeichnet, die durch die Übertragung der Herzkontraktionen auf die Lunge zustande kommt. Der Lungenpuls kann sowohl im B‑Mode, als auch im M‑Mode dargestellt werden (◘ Abb. 11.3). Besonders gut lässt sich der Lungenpuls bei Apnoe darstellen oder bei pathologischen Situationen, die zu einer mangelhaften oder fehlenden Ventilation eines Lungenflügels führen (endobronchiale Tubusfehllage, bronchialer Bolusverschluss etc.).
Abb. 11.3
Lungenpuls. M‑Mode, Sektorschallkopf. Übertragung der Herzkontraktion auf das Lungengewebe (*). Besonders gut lässt sich der Lungenpuls bei Apnoe darstellen oder bei Vorliegen von pathologischen Situationen, die zu einer mangelhaften oder fehlenden Ventilation eines Lungenflügels führen: endobronchiale Tubusfehllage, bronchialer Bolusverschluss etc.
11.1.4 Reverberationsartefakte
Aufgrund des Luftgehaltes der Lunge kommt es an der Pleura zur Totalreflexion der Ultraschallwellen. Dies führt dazu, dass unterhalb der Pleuralinie im Normalzustand „nur“ Wiederholungsartefakt e dargestellt werden können. Diese Wiederholungsartefakte werden auch Reverberationsartefakt e genannt und stellen sich als horizontale, sich wiederholende echoreiche Linien dar (◘ Abb. 11.1).
Reverberationsartefakte kommen bei belüfteter Lunge immer zur Darstellung, werden jedoch in Abhängigkeit von der Intensität der Ventilation und damit des darstellbaren Lungengleitens mehr oder weniger überlagert. Beim Pneumothorax fällt das Lungengleiten jedoch weg, sodass die Reverberationen deutlicher sichtbar sind.
Bei Vorliegen eines Lungenödems oder subpleuraler Lungenkonsolidierungen fehlen Reverberationsartefakte typischerweise.
11.1.5 B‑Linien
B‑Linien sind vertikale, echoreiche Artefakte, die von der Pleuralinie ausgehen und sich bis zum Ende des Bildschirmrandes fortsetzen (◘ Abb. 11.4). Sie folgen atemsynchron dem Lungengleiten.
Abb. 11.4
B‑Linien. B‑Mode, Sektorschallkopf. Multiple B‑Linien (vertikale, laserartige Artefakte) bei kardialem Lungenödem
B‑Linien entstehen durch vermehrte Flüssigkeitsansammlungen in pleuranahen Alveolen bzw. im Lungeninterstitium. Der hohe Impedanzsprung der Grenzfläche von Luft und Flüssigkeit in diesen Alveolarbereichen gilt als Auslöser der B‑Linien. Vereinzelt können B‑Linien vor allem posterobasal auch bei gesunden Probanden zu finden sein.
Da B‑Linien ihren Ursprung an der Pleura visceralis haben, schließt deren Anwesenheit das Vorhandensein eines Pneumothorax aus.
11.1.6 Schallkopfwahl
Die Sonographie der Lunge bzw. Pleura kann je nach klinischer Fragestellung mit Konvex‑, Linear- und Sektorschallköpfen erfolgen:
Bei gezielter Untersuchung hinsichtlich Pneumothorax oder zur genaueren Beurteilung subpleuraler Lungenkonsolidierungen bietet der Linearschallkopf aufgrund der guten Nahauflösung einen hohen Informationsgehalt.
Bei unklarer klinischer Situation bietet das größere und tiefere Schallfenster des Konvexschallkopfes Vorteile für Übersicht und Orientierung.
Auch zur Diagnostik eines Pleuraergusses oder eines interstitiellen Syndroms sollte ein Konvex- oder Sektorschallkopf gewählt werden.
11.2 Untersuchungsablauf
Als Ausgangspunkt der sonographischen Untersuchung der Lunge sollte der Schallkopf im rechten Winkel zu den Rippen positioniert werden, sodass 2 benachbarte Rippen quer geschnitten werden. Dabei wird der Schallkopf senkrecht zur Hautoberfläche oder zur Körpermittelachse gehalten. Ein Kippen ist zunächst zu vermeiden.
An den Bildrändern kommen die obere und untere Rippe mit den dazugehörigen Schallschatten und dazwischen direkt unter den Rippen die echoreiche Pleuralinie zur Darstellung (◘ Abb. 11.1). Dieses Bild wird Fledermauszeichen genannt, da es an die Silhouette einer fliegenden Fledermaus erinnert.
Zur besseren Darstellung der Pleura, kann der Schallkopf danach um 90° in eine interkostale Schnittebene gedreht werden.
Jeder Hemithorax sollte in 4 Quadranten unterteilt werden (◘ Abb. 11.5) die je nach klinischer Fragestellung systematisch untersucht werden. Die vordere Axillarlinie (vertikal) und Verbindungslinie zwischen den Mamillen (horizontal) sowie die unteren Rippenbögen (untere Begrenzung) helfen die Quadranten zu definieren.
Abb. 11.5
Anlotungspunkte zur Untersuchung der anterioren und lateralen Thoraxwand in Anlehnung an die internationale Konsensuskonferenz zur Lungensonographie. Unterteilung jedes Hemithorax in 2 anteriore und 2 laterale Areale zur systematischen Untersuchung
11.3 Pleuraerguss
Die Sonographie weist in der Diagnostik eines Pleuraerguss es eine deutlich höhere Sensitivität und Spezifität auf als die konventionelle Röntgenaufnahme des Thorax.
Ein Pleuraerguss stellt sich typischerweise als echofreie bis echoarme intrapleurale Flüssigkeitsansammlung dar (◘ Abb. 11.6). Die Größe des Ergusses ändert sich atemsynchron. Häufig entstehen innerhalb größerer Ergüsse aufgrund des erhöhten intrathorakalen Druckes Kompressionsatelektase n, welche sonographisch sehr gut darstellbar sind. Ebenso können je nach Beschaffenheit des Ergusses kleine echoreiche Strukturen innerhalb des Pleuraergusses zur Darstellung kommen. Diese Strukturen entsprechen meist Fibrinfäden oder Blutkoageln.
Abb. 11.6
Großer Pleuraerguss. B‑Mode, Konvexschallkopf
Die Untersuchung bei Verdacht auf Pleuraerguss erfolgt primär in den posterobasalen bzw. beim liegenden Patienten in den laterobasalen Bereichen der Thoraxwand.
11.4 Pneumothorax
Die Sonographie weist auch hinsichtlich der Diagnostik eines Pneumothorax im Vergleich zur Thoraxröntgenaufnahme eine deutlich höhere Sensitivität bei annähernd gleicher Spezifität auf. Sonographisch können selbst sehr kleine, ventrale Pneumothoraces diagnostiziert werden.