Kontrastmittelsonographie in Notfallsituationen


Organ

Bolus (Kontrastlösung SonoVue® in ml)

Leber

1,2–2,4

Milz

0,4–1,2

Pankreas

0,6–1,8

Niere

1,0–1,8



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Abb. 22.1
KM‑Applikation

Da es in der Notfallsituation im Wesentlichen um die Frage nach einer Blutung oder Organverletzung geht, sollte eine standardisierte Kontrastdosis für die Notfallsituation gewählt werden, die jeweils vom verwendeten Ultraschallgerät abhängig ist (z. B. 2,4 ml SonoVue®). In der Notfallsituation ist eher mehr KM zu applizieren, um auch kleine Blutungen nicht zu übersehen!

Unmittelbar nach der KM‑Gabe werden 10 ml Kochsalzlösung über den 2. Schenkel des 3‑Wege‑Hahn injiziert.

Tipp

Grundsätzlich darf kein KM über einen Filter gespritzt werden und wenn möglich auch nicht „um die Ecke“ (Scherkräfte zerstören die Bläschen). Es ist immer der gerade Schenkel des 3‑Wege‑Hahns für das KM zu verwenden.

Zum Zeitpunkt der KM‑Gabe ist die Uhr im Ultraschallgerät zu starten. Entweder wird im Doppelbildschirm, d. h. links Kontrastbild und rechts fundamentales B‑Bild, geschallt oder nach der Applikation des KM in den Kontrastmodus umgeschaltet.




22.2 EFSUMB-Leitlinien



22.2.1 Grundsätzliches


Die 2004 erschienene und 2008 und 2011 aufgefrischte Leitlinie der European Federation of Societies for Ultrasound in Medicin and Biology (EFSUMB, ▶ Abschn. 22.4.5) erläutert die Grundsätze der Kontrastsonographie und sollte von allen Kontrastanwendern als klinische Handlungsanweisung verstanden und umgesetzt werden.

Die Kontrastsonographie setzt eine ausreichende B‑Bild‑Erfahrung und hinreichende Ausbildung des Untersuchers voraus. Vor der CEUS ist immer die B‑Bild‑Sonographie und Dopplersonographie durchzuführen.

In der Befundbeschreibung sollten folgende Begriffe für die KM‑Intensität verwendet werden:


Beschreibung der KM‑Intensität





  • Hyperkontrastiert (hyperechogen): Kontrastintensität der Läsion größer als in der Umgebung


  • Isokontrastiert (isoechogen): Kontrastintensität der Läsion genauso wie in der Umgebung


  • Hypokontrastiert (hypoechogen): Kontrastintensität der Läsion geringer als in der Umgebung

Eine Bilddokumentation via Video oder digitalem Medium ist grundsätzlich erforderlich. Die Low‑MI‑Untersuchung mit kontinuierlicher Charakterisierung des Blutflusses ist die Methode der Wahl bei CEUS. Nicht eindeutige Befunde im CEUS bedürfen selbstverständlich einer weiteren Abklärung mittels anderer Bildgebung (CT, MRT, Angiographie etc.).


Indikationen für CEUS in der Notfalldiagnostik





  • Je nach klinischem Setting und Erfahrung im Ultraschallzentrums in der Frage einer Organverletzung bei adäquatem Unfallhergang (insbesondere bei Kindern)


  • Zur weiteren Abklärung unklarer Befunde in der radiologischen Diagnostik (CT)


  • Als Kontrolluntersuchung bei konservativem Management des Traumas


  • Im postoperativen Setting


22.3 Traumatische Organverletzungen



22.3.1 Grundsätzliches


Organverletzungen intraabdomineller Organen sind meist die Folge von stumpfen Bauchtrauma ta wie Sport- oder Verkehrsunfällen. Aber auch Verletzungen mit spitzen Gegenständen wie z. B. ein Skistock oder der Sturz auf einen Fahrradlenker können zu Organverletzungen führen. Schuss oder Stichverletzungen sind seltener Ursache einer Organverletzung verbunden. Postoperative Organverletzungen stellen eher eine Ausnahme dar.

Tipp

Bei der sonographischen Untersuchung sollte vor dem Einsatz von KM immer eine B‑Bild Untersuchung der einzelnen Organe erfolgen.

Die Organe der Körperregion, bei der am ehesten aufgrund des Schmerzmaximums und aufgrund des Unfallhergangs eine Organverletzung wahrscheinlich ist, sollten bei der Untersuchung im Fokus stehen. Gesucht wird immer nach





  • freier Flüssigkeit,


  • inhomogenen Arealen des Parenchyms,


  • Diskontinuitäten der Organoberfläche oder der Organkapsel und


  • Farbdefekten im Duplexmodus.

Zum Nachweis einer Blutung in die freie Bauchhöhle kann eine sonographiegeführte Punktion einfach das Blut nachweisen.

Gerade frische Einblutungen oder Hämatome von parenchymatösen Organen (besonders der Leber und Milz) können dem B‑Bild entgehen, da Blut und Organparenchym im B‑Bild nur geringe Unterschiede in der Echogenität zeigen können.





  • Hämatome oder Organeinblutungen sind in der KM‑Sonographie als KM‑Aussparungen des normalen Parenchyms zu detektieren und daher in der späten Phase des jeweiligen Organs besonders gut sichtbar.


  • Bei aktiven Blutungen kann man den Blutfluss mit Kontrastultraschall auch bei nur kleinen Blutungen als KM‑Fahne über die Organgrenze oder außerhalb von Blutgefäßen sichtbar machen.


  • Bei Blutungen in die freie Bauchhöhle zeigt sich bei einer zum Untersuchungszeitpunkt noch aktiven Blutung ein KM‑Signal in Flüssigkeitsmengen der freien Bauchhöhle.


Klinik


Organverletzungen sind immer dann mit Schmerzen verbunden, wenn die mit Schmerzrezeptoren versorgte Organoberfläche mit in die Verletzung einbezogen ist. Einerseits kann durch eine Kapselverletzung direkt Schmerz entstehen, andererseits kann auch bedingt durch eine innere Einblutung durch einen erhöhten Druck auf die Organkapsel ein Schmerzreiz verursacht werden.

Je nach Stärke der Organverletzung und des mit der konsekutiven Blutung verursachten Blutverlustes kann es zum Schock kommen.

An zweizeitige Verletzung des Organs (besonders zweizeitige Milzruptur ) denken.

Das Trauma an sich bedingt ein Hämatom im Organparenchym und durch steigenden Druck auf die Organkapsel kommt es zu einem späteren Zeitpunkt zum Einriss mit konsekutiver Blutung außerhalb des Organs. Ein Blutverlust ist dann z. B. in die freie Bauchhöhle möglich.

Patienten mit Antikoagulanzientherapie oder mehrfacher Thrombozytenaggregationshemmung können auch bei Bagatelltraumata Blutungen erleiden, daher sollte bei diesen Patienten die Indikation zur KM‑Sonographie großzügig gestellt werden.


Therapie


Je nach Befund und Klinik kann unter bildgebender Kontrolle abgewartet werden. In Absprache mit dem jeweiligen Chirurgen ist ggf. die operative Sanierung der Verletzung (Debridement, Übernähung, Koagulation, Fibrinklebung, resorbierbare Kunststoffnetze, Ligatur blutender Gefäße, Organentfernung etc.) durchzuführen. In Ausnahmen erfolgt eine interventionell radiologische Therapie.


Weitere Bildgebung


Anzuschließende Verfahren sind CT oder MRT, bzw. die Angiographie.

Tipp

Die Diagnostik und Therapie eines Traumapatienten ist meist ein interdisziplinäres Problem und sollte in enger Absprache mit den beteiligten Fachabteilungen erfolgen.


22.3.2 Leber trauma


Ursache ist meist ein stumpfes Trauma wie Verkehrsunfall oder Sturz aus großer Höhe (◘ Tab. 22.2, ◘ Abb. 22.2, ◘ Abb. 22.3).



Tab. 22.2
Schweregrad der Leberverletzung, adaptiert nach Moore et al. 1989

























Schweregrad

Verletzung

Grad I

Kapselriss

Parenchymverletzung <1 cm

Grad II

Parenchymverletzung 1–3 cm

Hämatom subkapsulär <10 cm

Grad III

Parenchymverletzung >3 cm

Hämatom subkapsulär >10 cm

Grad IV

Parenchymzerreißung eines Leberlappens

Hämatom intrahepatisch >3 cm

Verletzung der V. portae oder eines Hauptastes

Grad V

Parenchymzereißung beider Leberlappen

Ausriss von Lebervenen

Verletzung der V. cava retrohepatisch


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Abb. 22.2
Leberruptur B‑Bild


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Abb. 22.3
Leberruptur KM‑Bild





  • Neben einer Hämatombildung im Organ kann es zu einer Blutung in die freie Bauchhöhle kommen.


  • Bei massiver Blutung kann die Verletzung durch einen Schock lebensgefährlich werden.


  • Hämobilie und gallige Peritonitis können entstehen, an Rippenfrakturen und Hämatothorax ist zu denken.


22.3.3 Milztrauma


Aufgrund der Lage ist die Milz durch den Rippenbogen relativ gut geschützt. Nach stumpfen Traumata wie Verkehrsunfall oder Sturz aus großer Höhe kann es jedoch zur Verletzung kommen (◘ Tab. 22.3, ◘ Abb. 22.4, ◘ Abb. 22.5).

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Apr 5, 2020 | Posted by in GENERAL RADIOLOGY | Comments Off on Kontrastmittelsonographie in Notfallsituationen

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